Behandlungsmethoden
Erste Hinweise auf wirksame Behandlungsmethoden für die Erkrankung CFS
Mittlerweile gibt es auf Forschungsebene erste Hinweise auf wirksame Behandlungsmethoden für die Erkrankung CFS. Die andauernden Schmerzen, die auch teilweise resistent gegenüber Analgetika sind, und die massive Erschöpfung führen zu einer Defizitstruktur und Reduktion des alltäglichen Bewegungs- und Trainingsumfangs sowie eine weitgehende Vermeidung schneller Bewegungsabläufe mit den Folgen, dass die natürliche Regulationsfähigkeit des autonomen Nervensystems zu Ungunsten des parasympathischen Systems abnimmt. Die sympathische Innervierung nimmt zu, auch durch den psychologischen Effekt der negativ Bewertung der durch den Patienten wahrgenommenen Lebenssituation und den Symptomen, die nach der Literatur als existentielle körperliche Bedrohung interpretiert werden muss.
Die Patienten sind unfähig, ihre gewohnten Leistungen abzurufen, sehen sich konfrontiert mit einer Vielzahl von somatischen Beschwerden für die die konsultierten Ärzte keine fundierte Erklärung und auch keinen Therapieansatz haben.
Die dann üblicherweise Abschiebung in die Psycho-Schublade ist eine weiterreichende Stigmatisierung. Das macht Angst.
Hier setzt unser duales Therapieprogramm an.
Hier muss dann die erste Säule der Therapie ansetzen, eine auf das Krankheitsbild abgestufte Psychotherapie mit dem Ziel, dem Patienten durch Vermittlung eines schlüssigen Erklärungsmodells (Psychoedukation) wieder Zuversicht und Handlungsfähigkeit zurück finden zu lassen. Eine längerfristige Begleitung dieses Prozesses in einer Größenordnung von ca. 50 Stunden einer kognitiven Verhaltenstherapie wäre erforderlich. Dies deckt sich auch mit den Empfehlungen der internationalen Therapieleitlinien.
Eine derartige Begleitung biete ich meinen Patienten in der Praxis an. Diese Vorgehensweise liegt nun auch online abrufbar vor unter https://www.prof-stark-selbsthilfe.de/cfs vor.
Das Online Programm beinhaltet 7 Schritte mit Informationen über die Erkrankung CFS, wie man sich nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen die Zusammenhänge von Ursachen und Symptomen vorstellt, dann Anleitungen zu Methoden zu positiven Selbstsuggestionen, Entspannungstechniken und Ausbau von Aktivitäten zur positiven Selbstregulation.
Die zweite Säule zielt auf die Wiedergewinnung der Regulationsfähigkeit des autonomen Nervensystems.
CFS Patienten zeigen in der Messung der Herzratenvariabilität (HRV) – in den USA Goldstandard der Stressmessung – einen auch in der posturalen Messung mit Lageveränderung vom Liegen ins Sitzen gleichbleibend hohen Frequenzanteil des Sympathikustonus und eine Abwesenheit von parasympathischen Frequenzen. Dies spricht für ein „eingefrorenes“ System, das noch nicht einmal auf Lageveränderung oder auch in der Langzeitmessung im Liegen auf einen eigentlich entspannenden Zustand reagiert.
Bei neurodegenerativen Krankheitsbildern – wie zum Beispiel bei Morbus Parkinson – zeigen sich bedeutende Korrelationen zwischen den Störungen der posturalen Kontrolle, der sog. Lokomotionsfähigkeit und den Einschränkungen in der Lebensqualität (Schrag et al 2000, Ashburn et al 2001, Karlsen et al 2000).
Erklärungspotenzial für dieses Phänomen bieten vor allem Studien, die Zusammenhänge zwischen physischer Aktivität, der daraus resultierenden neuronalen Aktivität und der Freisetzung von neurotrophen Faktoren identifizieren konnten. Zwar sind hinsichtlich der Funktionsweise neurotropher Faktoren noch zahlreiche Fragen offen, allerdings liegen gute empirische Hinweise vor, dass physische Aktivität elementare neuroprotektive und -restorative Funktionen besitzt (Lu 2003, Gómez-Pinilla et al 2002, Russo-Neustadt et al 1999, Vaynman & Gomez-Pinilla 2005, Haas 2007).
Erste Forschungsergebnisse von Interventionen, die diese Zusammenhänge berücksichtigen, haben sich für die sog. Stochastische Resonanztherapie gezeigt.
Die Stochastische Resonanztherapie (SRT) basiert auf langjährigen wissenschaftlichen Arbeiten internationaler Forscherteams aus den Bereichen Neurophysiologie und -biologie, der Orthopädie, der Physik, der Informatik, der Sportwissenschaften und weiterer Disziplinen. Entwickelt wurde diese Therapieform (SRT-Zeptoring) von Prof. Dr. Dietmar Schmidtbleicher und Dr. Christian Haas an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main. (Haas C. T., et al. Dt., Zeitsch. Sportmed. 2004: S. 34 – 43, Haas C. T., et al. NeuroRehabilitation. 2006 3: S. 29 – 36, Schmidtbleicher D., et al. 23th ISBS Proceedings 2005, S. 71 – 79).
Die Therapie beruht auf der Erkenntnis, dass es im Nervensystem und im Knochenstoffwechsel von Natur aus ein schwaches „Grundrauschen“ von Signalen gibt. Nervenzellen leiten ein Signal erst weiter, wenn eine bestimmte Reizschwelle überschritten ist. Das heißt, es wird erst ab einer bestimmten Signalstärke als Reaktion darauf ein körperlicher Prozess in Gang gesetzt. Wird dieses Signal von einem wiederholten Störgeräusch überlagert, dann wird die Reizschwelle schneller erreicht als sonst. Reflexe und andere Prozesse werden somit eher aktiviert. Dieses Störgeräusch, auch Noise genannt, wird durch das SRT-Gerät hervorgerufen.
Vereinfacht kann man es auch so formulieren: Das Gehirn reagiert klarer und intensiver auf Reize, die unvorhergesehen und ungleichmäßig eintreten. Gewöhnung vermindert die Reaktion. Reflexe und Muskelspannung werden also bei unregelmäßigen Signalen deutlich eher aktiviert, das Gehirn schüttet vermehrt Stoffe wie das Glückshormon Dopamin aus.
Dass noch weitere neurobiologische Mechanismen von Bedeutung sind, zeigen Studien europäischer Kollegen verschiedener Fachrichtungen, die den Frankfurter Ansatz auf andere Krankheitsbilder bezogen und anwendeten. Im Universitätsspital in Bern (Schweiz) wurden die Auswirkungen auf Herz-Kreislaufparameter und konditionelle Aspekte bei Patienten mit chronisch-venöser Insuffizienz erforscht (L. Radlinger et al.). Forschung mit dieser Therapiemethode in der Landesnervenklinik West (Österreich) stellte nachhaltig positive Auswirkungen des SR-Trainings bei Depression und chronischen Schmerzpatienten fest (B. Kepplinger). An der Universitätsklinik Wien (Österreich) wurden Verbesserungen der Gleichgewicht-sregulation von Patienten mit Multipler Sklerose nach SR-Stimulation identifiziert (O. Schuhfried et al.). Vergleichbare Resultate konnten bei MS-Patienten auch in Frankfurt gefunden werden. Interessanterweise stammen die ersten Erkenntnisse über SR-Trainingseffekte aus der Hochleistungssportforschung. Insbesondere bei Sportarten, bei denen hohe Anforderungen an die Gleichgewichtsregulation und die Reflexsteuerung bestehen, kommt das SR-Training zum Einsatz. (Haas C.T. : Vibrationstraining, Biomechanische Stimulation und Stochastische Resonanz Therapie: Eine interdisziplinäre Betrachtung präventiver und rehabilitativer Funktionen. pt_Zeitschrift für Physiotherapeuten_60 [2008] 7.
Der Grund, weshalb dieser Transfer im Bereich des Stochastischen Resonanz-Trainings möglich ist, liegt vor allem darin, dass nicht ein spezifisches Symptom therapiert wird, sondern elementare Mechanismen der Bewegungssteuerung angesprochen und optimiert werden, die gleichfalls für den Hochleistungssportler wie auch den Patienten wichtig sind.
Kanadische Kollegen zeigten, dass harmonische und zufällige mechanische Reize auch in der Aktivierung von Hirnarealen unterschiedliche Resultate erzeugen: Insbesondere solche Areale werden durch die zufällig (stochastisch) präsentierten Reize (Schwingungen und Töne) deutlich stärker aktiviert, die bei zahlreichen Krankheitsbildern vermindert aktiv sind – wie der präfrontale Kortex und die supplementär-motorische Area.
Die andauernde, aber nicht vorhersehbare Veränderung der SR-Signale führt im Training zu beständigen, geringen Störungen des Gleichgewichts. Erfolgt dies wiederholt, lernt der Mensch neue muskuläre Aktivierungsmuster zu erzeugen, um die Störeinflüsse möglichst erfolgreich zu kompensieren. Wären die Vibrationsreize immer die gleichen (zum Beispiel Sinusschwingungen), so wären die Antworten der Rezeptoren in der Muskulatur, den Sehnen, der Haut und den Gelenken auch immer gleich, und die Informationen würden für das Gehirn uninteressant. Ferner wird mit Sinusschwingungen auch nur ein sehr enges Aktivierungsmuster trainiert, das den variablen Anforderungen des Alltags kaum genügt.
Stochastische Vibrationssignale vom SR-Typus interagieren mit ebenfalls stochastischen Funktionsparametern des Nervensystems, woraus resonanzähnliche Verhaltensweisen resultieren. Hierdurch können – im Gegensatz zu einem linearen Signal – Reizschwellwerte von Nervenzellen einfacher überschritten werden. In Konsequenz bedeutet dies, dass bereits geringe Reizintensitäten vom Patienten wahrgenommen und neuromuskuläre Aktivitäten erzeugt werden.
Die dahinterliegende Theorie sagt, dass somit die „festgefrorenen“ Reaktionsmuster des autonomen Nervensystems aufgebrochen und neu justiert werden können. Dies zeigt sich messtechnisch darin, dass nach ca. 10 Behandlungseinheiten parasympathische Frequenzmuster in der posturalen HRV Messung zu identifizieren sind. Wird diese körperorientierte Therapie fortgesetzt und unterstützt durch weitere Maßnahmen wie zu erlernenden Meditationstechniken und Entspannungsverfahren, die dann selbständig weitergeführt werden können, zeigt sich eine kontinuierliche Verbesserung, die mit einem Rückgang der somatischen Beschwerden wie z.B. Schmerzempfindungen und der sensorischen und kognitiven Überlastungsempfindlichkeit einhergehen.
Achtung
Diese Vorgehensweise muss aber natürlich auf das jeweilige Funktionsniveau angepasst werden. Für schon bettlägerige Patienten muss in kleinsten Schritten vorgegangen werden. Hier überfordert meist schon nur das Erklären der Vorgehensweise die Konzentrationsfähigkeit. Hier ist es besonders wichtig die Angehörigen, die ja meist schon die Pflege übernommen haben, zu informieren und einzubeziehen.
Parallel dazu gilt es aufmerksam weitere Funktionsstörungen zu identifizieren und entsprechend Unterstützung zu bieten: wie Mikrobiom im Darm, Immunsystem, Defizite in Vitaminen, Spurenelementen, Aminosäuren, toxische Belastungen.